Lineare Integralgleichungen 2. Art

Hier werden lineare Integralgleichungen mit folgendem Aufbau numerisch gelöst:
       β
y(x) - ∫ K(x,s)·y(s) ds = f(x)
      a

Ist die obere Grenze veränderlich (β=x), hat man eine Volterra-Integralgleichung, andernfalls eine Fredholm-Integralgleichung.





Hinweis zu den analytischen Lösungen

Für lineare Integralgleichungen 2. Art existieren eine Reihe von Techniken zur Bestimmung der analytischen Lösungen.
Diese sind allerdings vergleichsweise kompliziert und sind auch nicht primär Gegenstand dieser Berechnungsseite.

Relativ einfach ist es jedoch für einen gegebenen Kern K(x,s) und eine gewählte Lösung y(x) durch Einsetzen dieser in die Integralgleichung
und Integrieren die zugehörige rechte Seite f(x) zu bestimmen.

Damit kann man sich dann Testbeispiele konstruieren, an denen man die unterschiedlichen numerischen Lösungsverfahren testen kann.

Wählt man beispielsweise K(x,s) = (x·s)0.5 und y(x) = x0.5, entsteht durch Einsetzen in die Integralgleichung:
f(x) = x0.5 - ∫ (x·s)0.5 s0.5 ds = x0.5 - x0.5 ∫ s ds.

Wenn man das Integral für das Intervall [0,x] auswertet, erhält man die rechte Seite der zugehörigen Volterra-Integralgleichung:
f(x) = x0.5 - 0.5·x2.5.

Wenn man das Integral für das Intervall [0,1] auswertet, erhält man die rechte Seite der zugehörigen Fredholm-Integralgleichung:
f(x) = x0.5 - 0.5·x0.5 = 0.5·x0.5.

Die numerischen Verfahren

Bei der Sehnentrapez-Formel und der Simpson-Formel wird das Nyström-Verfahren verwendet.
Dabei wird das Integral der Integralgleichung durch die Summen der jeweiligen Formeln ersetzt, die auf die
an äquidistanten Stellen (Stützpunkten) eingeführten unbekannten Lösungen zugreifen.
Dabei entsteht ein lineares Gleichungssystem, dessen Lösung die Lösungen der Integralgleichung an den Stützpunkten sind.
Im Falle der Volterra-Integralgleichung hat das Gleichungssystem eine untere Dreiecksmatrix und lässt sich dadurch besonders leicht lösen.

Auch die Mittelpunktsformel wird im Sinne des Nyström-Verfahren verwendet.
Nun sind die Stützstellen an Intervallmitten.
Zum besseren Vergleich mit den anderen Verfahren werden die Lösungen nach Lösen des zugehörigen Gleichungssystems
noch für die Intervallmitten interpoliert und für den Anfang (x=a) und das Ende (x=b) extrapoliert.

Das Galerkin-Verfahren verwendet zwischen den äquidistant eingeführten Stützstellen jeweils Polynome dritten Grades um
die Integranten mit Hilfe von Lösungen und Lösungsableitungen an den Stützstellen zu interpolieren.
Weil das Galerkin-Verfahren Integrale über Produkte der zu lösenden Gleichung mit den Anssatzfunktionen nutzt,
werden hier 2D-Bereichsintegrale mit Hilfe von Gauss-Punkten berechnet.
Die an den Knoten bestimmten Ableitungen der Lösungen werden für die grafische Darstellung der Lösungen nicht verwendet.

Auch der Einsatz von Splines basiert darauf die Lösungen im Inneren eines Intervalls zwischen den Stützstellen
zunächst über Lösungen an 3 bzw. 4 Nachbar-Stützstellen zu interpolieren.
Die interpolierte Darstellung wird dann numerisch mit Hilfe von Gauss-Punkten integriert.

Analytische Lösung der Fredholmschen Integralgleichung

Für den Sonderfall "ausgearteter Kern" soll hier auch die Möglichkeit der analytischen Lösung gezeigt werden.
Im einfachsten Fall ist dann der Kern K(x,s) ein Produkt von 2 Funktionen:
K(x,s) = g(x)·h(s)


Die Integralgleichung vereinfacht sich dann zu
            b
y(x) - g(x)·∫ h(s)·y(s) ds = f(x)    (*)
           a


Das bestimmte Integral in (*) ergibt, wenn die Lösung y(x) existiert, eine zunächst unbekannte Zahl α:
    b
α = ∫ h(x)·y(x) dx         (**)
   a


Aus (*) wird, wenn man das Integral durch α ersetzt
y(x) - g(x)·α = f(x).


Aufgelöst nach y(x):
y(x) = f(x) + g(x)·α       (***)


Eingesetzt in (**):
    b
α = ∫ h(x)·(f(x) + g(x)·α) dx
   a


Aufgelöst nach α:
    b                     b
α = ∫ h(x)·f(x) dx · (1 - ∫ h(x)·g(x) dx)-1
   a                     a


α lässt sich also mithilfe von 2 bestimmten Integralen bestimmen.
(***) liefert dann die Lösung der Integralgleichung (*).

Beispiel:
       1
y(x) - ∫ (x·s)0.5·y(s) ds = 0.5·x0.5
      0

Hier sind die benötigten Funktionen:
g(x) = x0.5
h(s) = s0.5
f(x) = 0.5·x0.5

und die beiden Integrale sind:
 1
 ∫ h(x)·g(x) dx = 0.5
0
 1
 ∫ h(x)·f(x) dx = 0.25
0

Das ergibt dann
α = 0.25/(1-0.5) = 0.5
y(x) = 0.5·x0.5 + 0.5·x0.5 = x0.5



Auch für den Fall, dass der Kern sich als Summe von Produkten der Form
K(x,s) = ∑ gi(x)·hi(s)

darstellt, lässt sich ein analoges Verfahren anführen, das zunächst auf ein kleines lineares Gleichungssystem führt:

A · c = b

mit der Belegung der Matrix A und der rechten Seite b:

bi = ∫ hi(x)·f(x) dx
aik = δik - ∫ hi(x)·gk(x) dx


mit δik = 1 für i=k und δik = 0 sonst.
Bei n Summanden in der Summe von K(x,s) hat die Matrix A die Dimension n×n.

Die Lösung des Gleichungssystems sind die ci in c
und die Lösung der Integralgleichung ist dann:

y(x) = f(x) + ∑ ci·gi(x)


Beispiel:
       1
y(x) - ∫ (1 + ex-s) y(s) ds = 1
      0

Hier gilt
1 + ex-s = 1·1 + ex·e-s

und somit
g1(x) = 1
g2(x) = ex
h1(x) = 1
h2(x) = e-x
a11 = 1 - ∫ h1·g1 dx = 0
a12 = - ∫ h1·g2 dx = 1 - e
a21 = - ∫ h2·g1 dx = e-1 - 1
a22 = 1 - ∫ h2·g2 dx = 0
b1 = ∫ h1·1 dx = 1
b2 = ∫ h2·1 dx = 1 - e-1


Die Lösung des Gleichungssystems A · c = b ist:
c1 = -1
c2 = 1/(1-e) = -0.581977

Somit ist die Lösung der Integralgleichung:
y(x) = -0.581977·ex


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